Durch ein starkes Partnernetzwerk versorgt LYNC über 2000 ukrainische Frauen, Jugendliche und Kinder in Bautzen, Deutschland. Flüchtlinge kommen mit psychischen und emotionalen Belastungserfahrungen durch den Krieg an und leiden unter Angst und Traumasymptomen. Eine frühe präventive Unterstützung ist entscheidend für den Erhalt körperlicher und psychischer Gesundheit der Betroffenen, während sie gleichzeitig Herausforderungen wie existenzielle Unsicherheit, Trauer und die Bedrohung von Familienangehörigen bewältigen müssen. Ein früher traumasensibler Art Support kann langfristige Folgen für die körperliche und psychische Gesundheit verringern und trägt zur Resilienz von Einzelnen und Familien bei. Es geht darum, einen sicheren Ort der Regeneration zu ermöglichen und längerfristig zu etablieren.
1. Zielsetzung des Art Support Project Bautzen
Unterstützung mit den Mitteln der Bildenden Kunst hilft Frauen und Kindern im Rahmen des Projekts bei der Kompensation und Verarbeitung traumatischer Erfahrungen. Aufgrund der Fremdsprache, der geringen Verfügbarkeit ukrainisch- oder russischsprachiger Therapeut*innen in
Deutschland und angesichts des massiven Unterstützungsbedarfs, baut das Projekt Art Support Project Bautzen eine künstlerische Brücke zur nonverbalen Überwindung von Sprachbarrieren und unterstützt den Erhalt emotionaler Gesundheit der aus der Ukraine geflüchteten Frauen und
Kinder.
LYNC, vertreten durch Abigail Rodriguez, und der Aufbaustudiengang KunstTherapie der Hochschule für Bildende Künste Dresden, vertreten durch Prof.in Dr. Alexandra Hopf, sind im Projekt Art Support Project Bautzen seit März 2022 Kooperationspartner. Alexandra Hopf, Theresa
Schneider und Kerstin Schrems, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des Studiengangs supervidieren in der Pilotphase die traumasensible Begleitung der Geflüchteten mit künstlerischen Mitteln und koordinieren dafür die Beteiligung der studentische Kunsttherapeut*innen, der
Absolvent*innen des Aufbaustudiengangs KunstTherapie und der erfahrenen kunsttherapeutischen Traumaexpert*innen. LYNC finanziert die Art Support-Einheiten, die Supervision und zusätzlich Material und Wegekosten der Kunsttherapeut*innen.
Ziele des Art Supports Project Bautzen sind Wiederherstellung der Würde und Linderung des Leidens der durch den Krieg vertriebenen ukrainischen Frauen, Kinder und Jugendlichen. Die Pilotphase des Projekts, erste Gespräche begonnen am 09.03.2022, anschließend von den
Kooperationspartner*innen geplant und koordiniert, konnte bereits im Mai 2022 von den studentischen Kunsttherapeut*innen, Eva Walch, Freya Neumann, Elena Braune, Lara Hansen, Verena de Luca und den kunsttherapeutischen Traumaexpertinnen Luise Albert und Gudrun Falk
durchgeführt werden. Nach dieser Pilotphase wurde das Art Support Project Bautzen durch LYNC evaluiert. 96 % der Teilnehmer*innen wünschten sich eine Fortsetzung des Art Supports. In der folgenden Projektphase 2 und 3, endend im Dezember diesen Jahres (2022), werden Gruppenzusammensetzungen, Inter- und Supervisionsvisionstreffen und die Kommunikation der kunsttherapeutischen Expert*innen mit LYNC-Mitarbeiter*innen von einer Absolventin des Aufbaustudiengangs und Kunsttherapeutin, Freya Neumann, koordiniert und organisiert. Außerdem wird das Art Support Project Bautzen von regelmäßigen psychotherapeutischen Begleitungen seitens ukrainischer Psychotherapeut*innen flankiert. Die Psychotherapeut*innen und Kunsttherapeut*innen tauschen sich aus, sodass für die geflüchteten Frauen und Kinder eine
gute präventive Begleitung gewährleistet ist.
2. Kunsttherapie oder Art Support - Vorgehen in Bautzen
Kunsttherapie, wie sie am Aufbaustudiengang KunstTherapie der HfBK Dresden vermittelt wird, geht vom aktuell Gegebenen der stattfindenden künstlerisch-therapeutischen Situation aus und nennt sich deshalb Phänomenologische KunstTherapie. Darin spielen Klient*in, Therapeut*in, die
therapeutische Begegnung, der Ort, an dem diese stattfindet, künstlerische Mittel, Gestaltungen und alle situativen Bedingungen eine gleichrangige Rolle. All diese Aspekte werden im Rahmen der therapeutischen Begleitung berücksichtig und reflektiert.
Die kunsttherapeutische Reflexion profitiert dabei von der Ausklammerung von Meinungen, Erinnerungen und Vorannahmen der am Prozess beteiligten Personen. Wenn situative Erfahrungen und Sinneseindrücke des Hier und Jetzt in den Vordergrund treten und nicht etwa Belastungen und Meinungen, entsteht ein offener und unvoreingenommener Spielraum der Erkundung und Erkenntnis, den Klient*innen selbstwirksam aufgreifen und gestalten können. Das Erleben des Hier und Jetzt führt zur Entlastung der Klient*innen, da so eine Distanz zu herausfordernden und belastenden Aspekten der jüngsten Vergangenheit entstehen können.
Im Rahmen des Art Support Projects wird traumasensibel mit den geflüchteten Frauen und Kindern gearbeitet, ohne explizite therapeutische Zielsetzung. Die Begleitung ist vielmehr auf präventive und ressourcenorientierte Interventionen mit künstlerischen Mitteln ausgerichtet, da eine kunsttherapeutische Zielsetzung in der insgesamt instabilen Situation der Klient*innen mehr Zeit und eine längere Verbindlichkeit erfordern würde als im Rahmen des Art Support Projects gegeben ist.
Der Fokus liegt auf Methoden, die Entlastung von aktuellen Schwierigkeiten und Stärkung und Stabilisierung der Teilnehmer*innen betonen. Darüber hinaus werden Entspannung und Klärung aktueller Bedürfnisse sowie Vertrauen in die Synergie der Art Support-Gruppe thematisiert. Die
Erfahrung des Materials, deren sinnliche Qualitäten, wie beispielsweise die Haptik, die Sensorik oder die visuelle Wahrnehmung von Farbe, stehen dabei im Vordergrund.
Eingesetzte Materialien sind Papier, Gouachefarben, Bleistifte, farbige Stifte und Öl- und Pastellkreiden, aber auch rezeptives Ausgangsmaterial wie Kunstpostkarten, z. B. Frauenportraits oder auch Wald- und Naturbilder. Außerdem kommen Ton und Collagematerial zum Einsatz und es
entstehen gemeinschaftlich Gruppenbilder oder plastische Objekte.
3. Zusammenfassung
Art Support Project Bautzen arbeitet:
1. Dezentrierend: Ressourcen, Freude an der Gestaltung und neue Perspektiven stehen im Vordergrund.
2. Ressourcenorientiert: Kraftquellen, individuelle Kompetenzen und Fähigkeiten der Frauen in Verbindung mit sinnlichen Erfahrungen mit Material, Bildern, Farben und weiteren spielerischen Zugängen, die im aktuellen Alltag entlasten.
3. Im Hier und Jetzt: die Situation der Klient*innen anerkennend; Raum und Anerkennung belastender Gefühle durch Ausdruck und Teilen in der Gruppe; Veränderung von Gefühlen der Angst, Trauer, Wut oder auch von Hilflosigkeit durch Gestalten.
4. Anwendung von Themen und Interventionen: Themen helfen, die therapeutische Begegnung zu gestalten und Teilnehmende zu motivieren, und Interventionen betonen einfache und leicht machbare künstlerische Techniken.
Pilotphase, Mai 2022
4 Samstage von 13.00 - 17.00 Uhr
2 Art Support Gruppen mit je 12 ukrainischen Kindern und Jugendlichen sowie ukrainischen Frauen
Projektphase I, September bis Oktober 2022:
jeweils 7 Samstage von 13.00 - 17.00 Uhr
2 Art Support Gruppen mit je 12 ukrainischen Frauen
Projektphase II, November bis Dezember 2022:
jeweils 6 Samstage von 13.00 - 17.00 Uhr
2 Art Support Gruppen mit je 12 ukrainischen Frauen
Text: Freya Neumann/ Alexandra Hopf, Prof.in Dr.