Aktuelles

Diplompreise für Martin Bertelmann und Yesul Lee

Preise des Freundeskreises überreicht

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit genau 20 Jahren gehört es hier an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden zum guten Ton, dass der Freundeskreis der Hochschule seinen Diplompreis vergeben darf. So auch in diesem Jahr, 2024.
Was bedeutet dieser Preis? Es ist die Entscheidung einer Jury, die sich in all diesen Jahren jeweils anders zusammengesetzt hat. In diesem Jahr waren es Frau Winny Seifert, die ihr Diplom 2013 hier an der HfBK abgeschlossen hat und eine Hegenbarth-Stipendiatin war, Frau Silke Wagler, die Leiterin des Kunstfonds in Sachsen, Frau Dr. Sylvia Karges, die neue Leiterin des Münzkabinetts der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Jörg Goedecke, Galerist in der Galerie Lehmann in Dresden, Herr Dr. Felix Greiner-Petter, Architekt und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dresden der Fakultät Architektur, und ich, Christian Koker, der mit Kunst eigentlich gar nichts am Hut hat, sondern nur einfach Kunst mag und Kunst sammelt.
Wir haben uns gestern als Jury zum ersten Mal getroffen. Wir kannten uns nicht. Und wir haben uns dann gefragt: Wer soll in diesem Jahr den Preis des Freundeskreises als Diplompreis erhalten? Es ist der Blick von außen, ganz bewusst, den der Freundeskreis wählt. Und wenn Sie mitgezählt haben, dann waren es sechs Juroren. Und da ergab es sich dann, dass es eine Pattsituation gab. Und wir waren uns alle in der Jury einig, dass man eine solche Pattsituation auflösen muss. Eine Pattsituation kann man auflösen wie bei der Papstwahl, dann sitzt man so lange, bis es einen Preisträger gibt. Man kann auch das Glückslos entscheiden lassen. Alles Dinge, die uns allen nicht behagt haben. Es gibt auch noch eine andere Möglichkeit: Dann haben wir uns halt nicht einigen können, dann gibt es keinen Diplompreis. Oder aber, und das war uns allen die liebste Möglichkeit: dann gibt es zwei Diplompreise.
Das ist eine Neuigkeit. Aber sie ist dem geschuldet, dass wir bei der Besetzung der Jury nicht darauf geachtet haben, dass es eine gerade Zahl ist, die wir da haben. Und ich hoffe, Sie sehen's uns nach, dass es ausnahmsweise mal in diesem Jahr zwei Diplompreise gibt, und nicht den ersten und den zweiten, sondern sie stehen gleichwertig nebeneinander. Das, was ein Diplompreisträger bekommen hätte, bekommen jetzt zwei. Nicht geteilt, sondern wir haben es verdoppelt.
Vielen Dank! Ihr Applaus zeigt mir, dass unsere Grundentscheidung gestern richtig war. Es gibt kein richtig und kein falsch, wir haben den Blick von außen, und wir bewerten auch keine Diplomarbeiten, wir sind keine Professoren, wir haben auch die Künstler nie vorher kennengelernt, es sei denn, wir waren mal hier und haben uns die Künstler angeschaut.
Unterschiedlicher als die beiden Preisträger in ihren Diplomarbeiten gearbeitet haben, kann man fast nicht arbeiten. Oliver, du hast es vorhin auch erwähnt, wie vielfältig die HfBK in ihren künstlerischen Positionen ist. Der Eine malt großformatig, der Andere klein, der wieder Andere greift auf irgendwelche Dinge zurück, die eher handwerklich, die historisch gewachsen sind, es gibt Videoinstallationen – das ist die Kunsthochschule, die Hochschule für Bildende Künste hier in Dresden. Und wer sich auch noch damit auskennt, weiß natürlich, dass auf der Pfote und auf der Güntz nochmal andere künstlerische Aktivitäten geleistet werden.
Der Unterschied, der sich darin offenbart, wie die Preisträger, die beiden, arbeiten, besteht auch darin, dass unsere Wahl gefallen ist auf eine Frau und auf einen Mann. Die Eine kommt aus Asien, der Andere aus Europa. Auch das zeigt die Internationalität dieser Hochschule. Es gibt jedoch auch Gemeinsamkeiten bei diesen beiden Künstlern. Beide sind auf allen möglichen Social-Media-Kanälen präsent, und beide haben bereits an Ausstellungen teilgenommen. Ich kann mich noch an Zeiten an dieser Hochschule erinnern, da wurde es nicht so gern gesehen, wenn Studierende vor ihrem Diplom bereits ihre Kunstwerke ausstellten. Das hat sich offenbar geändert. So hat Yesul Lee aus der Klasse von Professor Wächtler bei der Ausstellung Fading im Senatssaal teilgenommen, und Werke von ihr wurden bei der Auktion der DNN im Jahr 2021 zur Versteigerung angeboten. Martin Bertelmann, der männliche Preisträger aus der Klasse von Professor Mundt, hat im Space off Käferklause bei der Ausstellung Der Hase und auch beim Forum für zeitgenössische Fotografie Dresden e.V. bei Come in – look out! teilgenommen.
Habe ich eben mit Yesul Lee angefangen, so fange ich jetzt mit Martin Bertelmann an. Sofort auffallend: die Wuchtigkeit, die Dynamik, die Technik, die Genauigkeit seines Werkes mit den Windkrafträdern. Das nimmt Einen sofort gefangen, zumindest mich. Das ging auch allen andern fünf Juroren so. Diese Dynamik, die das ausstrahlt, diese Kraft, diese Dreibeine, die ganz bewusst, und wir haben nicht darüber gesprochen, ja die Bildhaftigkeit von Windrädern aufnimmt. Das hat eine eigene Bildsprache. Ich habe mich gefragt: Will Martin mit uns als Betrachter spielen? Zeigt er uns eine verkehrte Welt? Nichts ist so, wie es scheint. Normalerweise steht ein Bildschirm, und es laufen Bilder darauf. Hier bewegt sich der Bildschirm, und das Windrad steht im Bild. Drei Stück. Möglicherweise ein Windpark? Ist das eine Anspielung vielleicht auf die Windenergie? Auf das Positive und Negative? Wir wussten es nicht. Alles ist sichtbar: die Fotos, die Kabel, die Bildschirme, die Dreibeine. Einfach martialisch. An Kraft nicht mehr zu überbieten. Dass Martin Bertelmann auch anders kann, zeigt sein Baumstamm hier. Wohl von einem umgefallenen Baum? Wieder elektrifiziert. Wieder ein Foto. Und der Baumstamm, der Teil dieses Baumstamms, eingekeilt durch Keramik. Hinter mir zwei Fotos. Auf denen Bäume in einem Wald zu sehen sind. Windkraft – Windbruch – Bäume – Natur? Ich weiß es nicht. Vielleicht weißt Du es selber nicht. Ich werde ihn fragen. In jedem Fall haben wir in der Jury entschieden: Das ist uns einen Preis wert.
Yesul Lee: ganz anders! Und ich bin froh, dass das Pult heute hier steht. Ich hatte mir schon überlegt, wenn wir wieder drüben gewesen wären – wie in den Vorjahren –, alle mitzunehmen auf die Reise zu Yesul Lee. Auch sie scheint mit uns Betrachtenden spielen zu wollen. Ihre Bilder vermitteln beim bloßen Draufschauen den Anschein von Monochromie. Das war mein erster Eindruck, als ich dort gestern durch die Tür kam, die beiden Bilder sah und innerlich zu mir gesagt habe: nicht schon wieder monochrome Bilder! Die habe ich in meinem Leben schon zu häufig gesehen. Erst als mir andere Jurymitglieder den Hinweis gaben: Guck doch mal genauer hin, nähere Dich mal den Bildern, nimm sie mal an!, da entdeckte ich diese feinsinnige Malerei, die in Deinen Bildern, Yesul Lee, versteckt ist. Schattierungen, feine Striche, fast wie ziseliert. Bildaufteilungen werden wahrnehmbar. Eine Wanne vielleicht? Oder, viel gruseliger: ein offenes Grab? Wir können nur wahrnehmen, was sich die Künstler möglicherweise vorgestellt haben. Jedenfalls vermitteln die Bilder von Yesul Lee für mich Ruhe, trotzdem strömen sie eine eigenartige Ansprache aus. Ich fühle mich als Betrachter im positiven Sinne gefangengenommen. Vereinnahmt zum Anschauen. Und auch hier haben wir als Jury gesagt: Solche Bilder, die uns so inspirieren, sind eine große Malerei, und auch sie waren uns einen Preis wert.
Liebe Mitmenschen! Wenn Sie jetzt die Entscheidung der Jury kennen, verstehen Sie hoffentlich, dass wir gestern gegen alle bisherigen Muster bei der Preisvergabe verstoßen haben und ausnahmsweise mal zwei Preisträger benannt haben. Wer von Ihnen hätte hier nicht auch beiden Künstlern einen Preis gegeben?!
Wir als Freundeskreis haben damit einen kleinen Beitrag für die Kunst geleistet. Wir wissen sehr genau, dass das natürlich nicht ausreichend sein kann. Die Kunst, die wir heute erleben, die wir hier an der Hochschule erleben, die Studierenden, die Studenten, alle benötigen unsere, Ihre, unser aller Unterstützung. Und deswegen möchte ich Sie gern ermutigen, sich für die Kunst einzusetzen, sofern Sie es nicht sowieso schon tun. Manchmal fängt es mit Kleinigkeiten an, und, Susanne, ich schließe mich Deinen Worten an, unabgesprochen: Kaufen Sie einfach den extra hergestellten Katalog für diese Diplomausstellung! Der Erlös kommt der Hochschule zugute, also mittelbar allen hier an der HfBK. Sorgen Sie dafür, dass er in diesem Jahr ausverkauft ist! Ein kleiner Beitrag, der niemandem wehtut und vieles bewirkt. Herzlichen Dank!

Christian Koker
Vorstandsvorsitzender des Freundeskreises der HfBK Dresden