Zunächst vielen Dank, liebe Annegret – nicht nur für deine einführenden Worte, sondern auch und vor allem dafür, dass du uns als Jury die Möglichkeit gegeben hast, in dieser Konstellation zusammenzukommen und uns der schwierigen Aufgabe zu widmen, über die diesjährige Vergabe des Diplompreises zu entscheiden, den der Freundeskreis der Hochschule für Bildende Künste Dresden seit 2005 jährlich vergibt.
Ein weiterer Dank – um nicht zu sagen: der größte – gebührt den Absolventinnen und Absolventen, deren Werke wir in dieser Ausstellung sehen dürfen. Ihre Mühe kann nicht hoch genug eingeschätzt werden und ihnen allen möchten wir an dieser Stelle bereits alles Gute wünschen.
Dank gilt im Zuge dessen auch den Mitarbeitenden der Hochschule, welche die Diplomandinnen und Diplomanden auf ihrem Weg begleitet haben.
Schreiten wir – liebe Mitglieder, Freundinnen und Freunde der Hochschule, sehr geehrte Gäste – nach diesen Worten des Dankes zu Tat!
Als Jury haben wir bei unserem Rundgang festgestellt, dass zahlreiche Arbeiten in dieser Ausstellung offenlassen, ob Objekt oder Installation die Dominante ist. Ebenso viele Arbeiten stellen tradierte Formen des Kunstmachens und auch des Kunsthandwerks in ein neues, gegenwärtiges Licht – und zeugen bildlich vom sprichwörtlichen Wesen der Dinge, aber auch vom Aufgehen in Mystik und Spiritualität. Einige der präsentierten Werke verdeutlichen eindrucksvoll, dass Recherche und künstlerischem Forschen heute eine genauso herausgehobene Stellung einzuräumen ist wie der Intuition.
Die in diesem Jahr ausgezeichnete Arbeit steht all diesen Überlegungen in nichts nach – ganz im Gegenteil scheinen sie sich in ihr sogar zu vereinen. Mehr noch versteht die von der Jury honorierte Arbeit diese oft so weit auseinanderliegenden Herangehensweisen und Schwerpunktsetzungen zu ordnen, zu zitieren – und mit einem besonderen Glanz zu versehen.
Die Position, von der wir sprechen, hat das getan, was unseres Erachtens besonders eindrückliche Werke auszeichnet: Sie legt offen, welche Gedanken dem Entstehungsprozess zugrunde liegen, und verhält sich doch so eigen zur Welt, dass ein Rest bleibt, der sich nicht erschließen lässt.
Der diesjährige Preis geht an eine Position, die vor allem davon lebt, dass sie sich ihren Gegenstand permanent neu erarbeitet. Dieses Erarbeiten ist ein ebenso diffiziler wie subtiler Prozess, der auf beeindruckende und sensible Weise im Endresultat aufscheint.
Die Position, von der wir sprechen, kann sich dadurch enthüllen, dass wir durch sie zum Nachthimmel schauen und dabei gleichzeitig die Erde im Blick behalten. Was schier unmöglich klingt, hat die diesjährige Preisträgerin geschafft. Die Rede ist von: Yeonwoo Chang aus der Klasse Susan Philipsz.
Applaus
In ihrer prozessualen Arbeit – Moon Jar Project – beschäftigt sich die Künstlerin mit dem einzigen Himmelsbegleiter der Erde – dem Mond – wie auch seinem Einfluss auf unseren Planeten und uns Menschen. Ihr Werk ist ein konzeptuelles Unterfangen, das auf mehreren Ebenen parallel operiert.
Inspiriert ist es von einer historischen Ikone koreanischer Töpferkunst, die Moon Jar – zu Deutsch: Mondgefäß – genannt wird. Dabei handelt es sich um eine Porzellankeramik, die aus zwei halbkugelförmigen Schalen besteht, die aufeinandergesetzt und nahtlos miteinander verbunden werden.
Eine ebensolche Keramik hat Yeonwoo Chang gefertigt und sie mit einer Glasur überzogen, die künstlichen Mondstaub enthält. Damit fasst sie den uns umkreisenden Himmelskörper nicht nur symbolisch, sondern spekuliert auch über dessen Bedeutungen und Potenziale: als Territorium, als Ressource, als Mysterium.
Dabei sehen wir hier in der Ausstellung im Oktogon nicht nur die fertige Keramik – wir hören auch ihren Fertigungsprozess, den die Künstlerin in kollaborativer Arbeit in eine das Stück auratisch umgebende Toninstallation verwandelt hat.
Wir sehen ihre diesbezüglichen Überlegungen und Recherchen, die in Artefakten, Instrumenten und Schriften in zwei Vitrinen konserviert sind. Die eine befasst sich mit dem nötigen Handwerkszeug; die andere mit dem Mond als Vorstellung einer fernen Welt, in die bislang nur ein Dutzend Menschen einen Fuß gesetzt hat.
Und auch wenn der Mond für die meisten von uns zumindest physisch unerreichbar bleibt – in dieser Ausstellung kommen wir ihm näher, als wir es wohl je wieder sein können.
Vielen Dank – und herzlichen Glückwunsch im Namen der Jury an Yeonwoo Chang!
Herr Nico Karge (Jurymitglied)