Der Begriff „Luftschlösser“ steht umgangssprachlich für das Entwerfen kühner oft unausführbarer Pläne, die wenig Aussicht auf eine Realisierung haben - „ūf den regenbogen būwen“1, aber genau dafür ist die österreichische Architekten- und Künstlergemeinschaft Haus-Rucker-Co bekannt, Kunst und Architektur, Plastiken und Installationen im öffentlichen Raum zu realisieren, die vornehmlich utopischer Natur sind, die aber gleichzeitig die Wahrnehmungs- und Erlebnisfähigkeit des Publikums aktivieren und erweitern möchten. Die 1967 von den Architekten Laurids Ortner (geb. 1941), Günter Zamp Kelp (geb. 1941) und Klaus Pinter (geb. 1940) in Wien gegründete Gruppe eröffnet Anfang der 1970er Jahre Studios in Düsseldorf und New York. Neue Mitglieder, wie Manfred Ortner (geb. 1943) und Caroll Michels, treten der Gruppe bei. 1977 wird das New Yorker Büro aufgelöst, Pinter und Michels verfolgen ihre persönliche künstlerische Praxis. Ab 1987 eröffnen Laudris und Manfred Ortner, wie auch Zamp Kelp eigene Architekturbüros. 1992 löst sich Haus-Rucker-Co endgültig auf.
In Erinnerung bleiben ikonische Bilder ihrer Werke, wie zum Beispiel Oase Nr. 7, installiert an der Außenfassade des Fridericianums in Kassel als künstlerischer Beitrag zur documenta 5, 1972. Der synthetisch geschaffene Raum lud Besucher*innen ein, anhand isolierter Perspektiven über zukünftige Entwicklungen im urbanen Raum nachzudenken. Die Steuerung des Klimas, das für das menschliche Überleben auf der Erdoberfläche unabdingbar ist, steht im Vordergrund. Ideen und Konstruktionen für kleine und große Dom-ähnliche Konstruktionen, Instrumente der Wahrnehmung, transparente Hüllen und Dachgärten entstehen, die künstliche Naturlandschaften simulieren und Einblicke in mögliche alternative Lebensräume eröffnen.
Zamp Kelp erlaubt mit seinen bisher zum Teil veröffentlichten und zum Teil unveröffentlichten Beiträgen im Buch einen umfangreichen Überblick aus eigener Perspektive in die Welt von Haus-Rucker-Co und darüber hinaus in seine eigene Praxis. Die Texte geben Aufschluss über Ideen und wichtige Einflüsse von Denkern und Zeitgenossen; über seine eigenen Fiktionen und Entwürfe sowie Kunst- und realisierte Bauwerke. Eine Chronologie an den äußeren Seitenrändern zeichnet die wichtigsten Stationen seiner Karriere auf. „Viele Ideen öffnen viele Fenster, sie sind der Sauerstoff des Lebens“2
1 Kluge, Friedrich: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25., durchgesehene und erweiterte Auflage. Berlin/Boston : de Gruyter, 2011, S. 586
2 Ludwig Engel im Gespräch mit Zamp Kelp. In: Luftschlosser. Leipzig : Spector Books, 2019, S. 198