Oft gestattete er mehrere Wochen für diesen Prozess des Findens. Statt einer direkten Regievorgabe, ermutigte und forderte er die Schauspieler auf subtile Art heraus, tiefer in die Persönlichkeiten der Stücke vorzudringen.
Ähnlich verhielt es sich bei seiner Zusammenarbeit mit Bühnenbildner. Oft arbeitete er mit ihnen über einen längeren Zeitraum bzw. über die Dauer seiner gesamten Karriere zusammen. Die Publikation „Peter Zadek und seine Bühnenbilder“ porträtiert neun dieser Kollaborationen. Die einzelnen Kapitel beginnen mit persönlichen Erinnerungen Zadeks, gefolgt von kurzen Rückblicken Zadeks an gemeinsam inszenierten Stücken und manchmal einer Unterhaltung Zadeks mit dem jeweiligen Bühnenbildner. Jedes Kapitel endet mit einem Interview, in welchem die Herausgeberin der Publikation Elisabeth Plessen (geb. 1944), Zadeks Lebensgefährtin, den jeweilige Bühnenbildner nach dessen Erinnerung an die Zusammenarbeit mit Zadek befragt. Aus der Schilderung der Entstehung der Bühnenbilder sowohl aus der Perspektive von Zadek als auch dem jeweiligen Bühnenbildner rekonstruiert sich nicht nur der Schaffensprozess, sondern es wird auch ein Eindruck von der letztendlichen Aufführung vermittelt.
Zadek war überzeugt, „daß der Bühnenbildner den Ort […] erfinden muß, zu dem der Regisseur und damit auch die Schauspieler die maximale Spannung und den größten harmonischen Einklang finden können. Das heißt natürlich, daß der Bühnenbildner nicht nur Phantasie für das Stück, sondern auch psychologisches Verständnis für den Regisseur und sogar für die besonderen Schauspieler dieser Aufführung haben muss“1. In seiner Aussage spiegelt sich seine Arbeitsweise wieder, den Beteiligten an einer Inszenierung größtmöglichen Spielraum zu verschaffen, mit eigenen Ideen das Stück zu bereichern und durch den Prozess des Probierens zum Gesamtwerk zusammenzufügen. Das dieser Vorgang nicht immer ohne Konflikte verlief, lässt sich leicht erahnen. Die Beleuchtungstechnikerin Susanne Auffermann (geb. 1963), die über zwanzig Jahre mit Zadek zusammenarbeitete, beschreibt in ihrem Beitrag dessen Arbeitsweise als einen „langen Weg aus Stürmen, Schlachten, neuen Errungenschaften, Leidenschaften, gezielten Handlungen oder Momenten, in denen sich auf wundersame Weise letztlich Eines zum Anderen fügte, um schließlich seine schöne beseelende Vollendung zu finden. Menschentheater eben...2.
1 Peter Zadek über Wilfried Minks – Bühnenräume. In: Peter Zadek und seine Bühnenbilder. Herausgegeben im Auftrag der Akademie der Künste Berlin von Elisabeth Plessen. Berlin : Akademie der Künste, 2012, S. 21
2 Susanne Auffermann. Das Licht sehen. In: ebd., S. 162