Bibliothek

Better Books | Better Bookz : Art, Anarchy, Apostasy, Counter-culture & the New Avant-garde

Mit der Neugestaltung der Straßen im Zentrum Londons im späten 19. Jahrhundert entstand die Charing Cross Road, die sich von St. Martin-in-the-Fields bis zum St. Giles Circus erstreckt, wo sich Oxford Street und Tottenham Court Road treffen.

Sehr schnell siedelten sich hier spezialisierte Buchhandlungen, Secondhand- und Antiquariatsläden an. Ein Briefwechsel zwischen der in New York lebenden Autorin Helene Hanff (1916-1997) und Mitarbeitern der Marks & Co. Buchhandlung in der Charing Cross Road 84, der 1970 veröffentlicht wurde, machte die Straße noch berühmter. [1]

Wie es der Zufall wollte, hatte auch die Buchhandlung Better Books in der Charing Cross Road 92-94 Verbindungen nach Amerika. Der Laden wurde 1946 von Tony Goodwin (1919-1976) gegründet. Steven Hare (1950-2015), Herausgeber bei Penguin, beschrieb ihn als "besessen von einem gewissen instinktiven Genie" [2]. Er machte die Buchhandlung schnell zu einem Treffpunkt für die Londoner alternative Szene, die ein breites Spektrum an Künstlern, Dichtern, Schriftstellern, Filmemachern und Aktivisten umfasste. Er führte Publikationen zum Thema Poesie, Kunst, Philosophie und alles, was es sonst noch an Avantgarde-Büchern gab, und war wahrscheinlich der erste, der graue Ausgaben und Mimeographien anbot. Da er eng mit dem Dichter Lawrence Ferlinghetti (1919-2021) befreundet war, der die berühmte Buchhandlung City Lights in San Francisco leitete, gründeten sie gemeinsam eine Tauschbörse für Kleinpressen und tauschten auch sonst nicht erhältliche und verbotene Bücher und Pamphlete untereinander aus.

In einem Brief schrieb ein aufgeregter Goodwin an seinen Freund: "Heute eröffnen wir endlich den Paperback-Coffee-Shop, der eine verrückte Tour de Force ist, und ich glaube, er wird alle umhauen. Wir beginnen im Café mit einer wöchentlichen Reihe von Schriftstellernächten, in denen Dichter Lesungen halten; Schriftsteller aus ihren unfertigen Arbeiten lesen und darüber sprechen; und es wird Diskussionen geben, über literarische Themen und so weiter. Aber alles vor einem kleinen Publikum von 40 Personen [...] John Calder, der Verleger, hilft mir dabei, und ich suche händeringend nach Helfern, denn 52 Abende im Jahr sind eine Menge. Wenn Du Dich also in diesem Land blicken lässt und man Dich hereinlässt, werde ich auf jeden Fall versuchen, dass Du ebenfalls eines Deiner Stücke deklamieren kannst“ [3].

Better Books wurde zu einem regelmäßigen Treffpunkt für Schriftsteller aller Art, von Beat bis Konkret. George Hay (1922-1997), Douglas Hill (1935-2007), John Brunner (1934-1995), Bill Butler (1934-1977) und Michael Moorcock (geb. 1939) diskutierten über Science Fiction. J.G. Ballard (1930-2009), William S. Burroughs (1914-1997), Heathcote Williams (1941-2017), David Medalla (1942-2020) und Gustav Metzger (1926-2017), um nur einige zu nennen, waren regelmäßige Stammgäste.

Im Jahr 1965 verkaufte Goodwin die beiden Buchhandlungen und konzentrierte sich ganz auf das Verlagswesen. Bob Cobbin (1920-2002) übernahm die Leitung. Als zentrale Figur der britischen Poesie und produktiver Schriftsteller und Performer, der sich für konkrete Poesie, visuelle Texte und Performances interessierte, führte er die Buchhandlungen in eine neue Richtung, indem er Künstlern die Möglichkeit gab, ihre Ideen frei zu entwickeln und zahlreiche Happenings zu veranstalten.

Die gesamte Geschichte des Buchladens von seinen Anfängen bis zu seinem Niedergang wurde zusammen mit vielen Interviews der Protagonisten von Rozemin Keshvani zu einer Ausstellung zusammengestellt und im ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe im Jahre 2012-2013 und 2014 im Trondheim kunstmuseum gezeigt. Alle Spuren wurden gesammelt und in einem Reader zusammengefasst, der 2018 veröffentlicht und in unserer Bibliothek erhältlich ist.

 


[1] Hanff, Helen, 84, Charing Cross Road. Grossmann Publishers, New York, 1970

[2] Hare, Steve (ed.), Penguin Portrait : Allen Lane and the Penguin Editors 1935-1970, Penguin, London, 1995, S. 253, im vorliegenden Buch S. 14

[3] Eda, S. 260, im vorliegenden Buch, S. 18