Klebstoffgitter

Anwendung und Eigenschaften bei Verklebungen in der Gemälderestaurierung mit Fokus auf textilen Bildträgern


Klebstoffgitter sind mikrostrukturierte Wabennetze aus natürlichen Klebstoffen und bieten einen wegweisenden Ansatz, um unsere wertvollen Leinwandgemälde zu restaurieren. Sie bestehen aus wasserlöslichen, konservatorisch geprüften Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen: Methylcellulosen in zwei Viskositätsgraden (Methocel™ A15LV und Methocel™ A4C) oder Störleim, ein aus der Schwimmblase von Zuchtstören gewonnener Proteinleim. Sie sind zuverlässiger, alterungsstabiler, nachhaltiger und damit eine beispielhafte Alternative zu herkömmlichen, vorrangig synthetischen Klebstoffen für die Gemälderestaurierung. So lassen sich desolate Leinwände unter höchsten Konservierungsstandards mit einem Stützgewebe hinterkleben.

Für die Anwendung werden Klebstoffgitter an der Klebestelle platziert und dann mit Wasser aktiviert. Wasser wird dazu entweder als Sprühnebel oder, wenn die Klebflächen z.B. zwischen zwei Geweben schwer zugänglich sind, mithilfe eines Trägermaterials zugefügt. Eine leichte Erwärmung der Klebstelle kann die Aktivierung weiter forcieren. Durch Trocknung der Klebstoffgitter unter Druck werden Leinwand und Stütztextil miteinander verbunden. Die Klebeigenschaften können individuell den Anforderungen des jeweiligen Kunstwerkes angepasst werden. Da Klebstoffgitter bei entsprechender Aktivierung nur quellen, ohne sich zu verflüssigen, bleibt der Klebstoff hauptsächlich in der Klebfuge zwischen der Gemäldeleinwand und dem Stütztextil, anstatt in die porösen Textilien einzudringen. Daraus resultiert eine stabile, diffusionsoffene Verklebung bei sehr gleichmäßiger Verteilung des Klebstoffs, die bei Bedarf objektschonend wieder entfernt werden kann. Damit erfüllt die Methode alle wichtigen Kriterien der Restaurierung: minimale Intervention, maximale Langzeitstabilität sowie bestmögliche Reversibilität.

Überzeugende Anwendungen an Gemälden bestätigen bereits das Potential dieser Methode, die sich in Zukunft auch auf andere Kunst- und Kulturobjekte unterschiedlichster Materialien übertragen lässt.

Klebstoffgitter wurden im Zuge der Diplomarbeit von Mona Konietzny entwickelt. Als Gegenstand eines Innovationsprojektes in Zusammenarbeit der Hochschule der Künste Bern, der Firma APM Technica AG und der HfBK Dresden wurde ein valider Herstellungsprozess für eine serielle Produktion erarbeitet. Ziel des von der Heinrich-Böll-Stiftung geförderten Promotionsprojektes ist nun die systematische und vergleichende Charakterisierung von Leinwandverklebungen mit Klebstoffgittern. Zentral sind dabei praxisorientierte Forschungsfragen:

1) Wie lassen sich die Eigenschaften von Leinwandverklebungen mit Klebstoffgittern (Scher- und Schälfestigkeit sowie das Eindringverhalten) durch die Wahl des Klebstoffs und der Anwendungsparameter einstellen?

2) Wie zuverlässig sind Verklebungen mit diesen hygroskopischen Klebstoffgittern bei unterschiedlicher bzw. nach wechselnder Luftfeuchtigkeit (künstliche Alterung)?

3) Wie verhalten sich Verklebungen mit Klebstoffgittern im Vergleich zu solchen, die mit dem bisher zu diesem Zweck eingesetzten Heißsiegelkleber BEVA® 371 verklebt wurden?


Projektlaufzeit

Dissertationsprojekt: seit 2019

Kooperationsprojekt: 10/2018–09/2020

https://www.bfh.ch/de/forschung/forschungsprojekte/2018-396-506-567/